
Ist Mammographie als Vorsorgeuntersuchung ausreichend oder bringt diese Studie nur Verunsicherung und Fehldiagnosen?
Maren Martini
Tessin, 18. März 2025
Gestern flatterte mir ein Brief aus Schwerin in den Briefkasten. Er kam von der Zentralen Stelle für Mammographie Screening in Mecklenburg Vorpommern. Da es so viele Frauen betrifft, habe ich recherchiert und möchte heute darüber berichten.
Der Brief enthielt ein Aufklärungsbeiblatt zur Mammographie sowie einen „Einladung“ zum Termin in einem Monat. Ich war nicht begeistert, da ich bereits in Rostock so einen Brief erhalten hatte und dies dort bereits abgelehnt hatte. So recherchierte ich, woher sie meine Daten erhalten hatten. In den FAQs fand ich es: Vom Einwohneramt. Der Datenschutz in Deutschland lässt grüßen. Mit welchem Recht, dem ich nicht zugestimmt habe, erhält der BUND meine Daten?
Auf den Seiten der Zentralen Stelle Mammographie Screening MV fand ich unter den FAQs folgendes:
„Werde ich als privat krankenversicherte Frau auch zum Mammographie-Screening eingeladen?
Auch privat krankenversicherte Frauen werden zum Mammographie-Screening- Programm eingeladen. Sowohl gesetzlich krankenversicherte als auch privat krankenversicherte Frauen haben Anspruch auf die Untersuchung zur Brustkrebs- Früherkennung im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms. Frauen im Alter von 50 bis 75 Jahren werden anhand der Daten der Einwohnermeldeämter identifiziert. Den Einwohnermeldeämtern ist zwangsläufig (Datenschutz) unbekannt, ob eine Frau gesetzlich oder privat krankenversichert ist. Die Einwohnermeldeämter geben die Adressen an die Zentralen Stellen. Diese Zentralen Stellen richten die schriftlichen Einladungen zusammen mit Informationsmaterialien über das Programm zur Brustkrebs-Früherkennung gleichermaßen an gesetzlich und privat krankenversicherte Frauen.“
Da ich bereits eine Mammographie vor über 20 Jahren nach einer Mastitis und eine weitere inklusive Biopsie (da eine Vermutung per Mammographie nicht 100%ig ausgeschlossen werden konnte) vor ca. 10 Jahren über mich ergehen lassen musste, weiß ich, wie dies abläuft. Beide waren mit negativem Befund. Aber das Warten auf die Befunden allein ist schon sehr Nerven aufreibend und verunsicherte mich sehr.
Eine Mammographie ist sehr unschön bis schmerzhaft für Frauen. Wer will sich schon freiwillig die Brüste zwischen Platten klemmen/quetschen lassen mit dem Ergebnis, dass etwas sein könnte, was wie so oft von verschiedenen Faktoren abhängt? Im Ultraschall oder MRT sind gute oder bösartige Tumore wesentlich genauer zu erkennen. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Eine Mammographie kann nicht allein als Vorsorgeuntersuchung für Brustkrebs dienen und den Frauen untergejubelt werden. Zumindest wird es so dargestellt. Für meine Gesundheit und die Vorsorge bin ich eigenverantwortlich. Da brauche ich keine Einladung zu einer groß angelegten Studie vom Bund unter dem Vorwand einer Prophylaxe.
Hier erfahren Sie den Ablauf einer Mammographie
Ich las den Brief am nächsten Tag erneut: Für mich war bereits eine ID vergeben worden und als ich auf den Internetseiten las, dass es ein Programm ist, stellten sich mir keine Fragen mehr. Ich zerriss den Brief. Dennoch habe ich an die Zentrale Stelle gemailt und um Löschung meiner Daten gebeten. Was auch umgehend bestätigt wurde. Gleichzeitig habe ich formlos um eine Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt gebeten.
Weiter ist auf den Seiten der Zentralen Stelle für Mammographie Screening MV zu lesen:
„Eine Ausnahme ist für das Mammographie-Screening-Programm geschaffen worden (Quelle: Röntgenverordnung). Diese Reihenröntgenuntersuchung zur Brustkrebs-Früherkennung wird Frauen zwischen 50 und 75 Jahren ohne Anzeichen einer Brustkrebserkrankung alle zwei Jahre angeboten. In dieser Altersgruppe haben Frauen das größte Risiko an Brustkrebs zu erkranken und zu sterben. Das Mammographie-Screening ist die einzige wissenschaftlich als wirksam anerkannte Brustkrebs-Früherkennungsuntersuchung. Voraussetzung für den Nutzen dieser Brustkrebsfrüherkennung ist, dass die regelmäßigen Untersuchungen im Rahmen eines qualitätsgesicherten Programms durchgeführt werden mit besonderen fachlichen Fähigkeiten der ÄrztInnen sowie eine kontinuierliche Auswertung der Ergebnisse. Das ist in Deutschland mit dem Mammographie-Screening-Programm erfüllt. Die Mammographie als Brustkrebs-Früherkennung für Frauen zwischen 50 und 75 Jahren dürfen daher nur speziell ausgebildete Ärztinnen im Screening-Programm anbieten und befunden. Das Mammographie-Screening-Programm unterliegt einer strengen Qualitätskontrolle. Diese betrifft das gesamte mit Screening befasste Personal, welches besondere Ausbildungen durchlaufen muss. Als Nachweis ihrer Qualifikation müssen befundende Ärztinnen und Ärzte mindestens 5.000 Mammographie-Bilder pro Jahr beurteilen und regelmäßig Fortbildungen und jährliche Prüfungen absolvieren. Auch wird jede Mammographie von mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzten unabhängig voneinander beurteilt. Die Praxen im Mammographie-Screening-Programm, die Screening-Einheiten genannt werden, haben eine spezielle Zulassung dafür und müssen diese regelmäßig alle 30 Monate erneuern. Auch die Geräte unterliegen der strengsten Qualitätssicherung. „
Dieser Satz ist doch sehr aussagekräftig:
„Das Mammographie-Screening ist die einzige wissenschaftlich als wirksam anerkannte Brustkrebs-Früherkennungsuntersuchung.“
Wir Frauen werden also aller zwei Jahre zu einer Studie eingeladen, die eine Evidenz über Jahrzehnte benötigt, um zu erforschen, ob diese Mammographie Untersuchung tatsächlich etwas bringt? Das Alter der zu untersuchenden Frauen wurde im Juli 2024 von 69 auf 75 erhöht. Auf den Seiten der Zentralen Stelle für Mammographie Screening MV zu lesen:
„Warum wird die Untersuchung nur bis 75 Jahren angeboten?
Das Risiko an Brustkrebs zu erkranken und daran zu sterben, ist für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren am höchsten. Daher ist der Nutzen des Mammographie-Screenings, nämlich vor dem Brustkrebstod bewahrt zu werden, am höchsten für Frauen in dieser Altersgruppe. Das haben große Studien belegt. Für Frauen nach dem 75. Lebensjahr wird keine Mammographie- Screening-Untersuchung mehr angeboten. Mit zunehmendem Alter steigt zwar das jährliche Risiko für Brustkrebs weiter an. Auf der anderen Seite treten auch andere Todesursachen häufiger auf. Mit einer systematischen Früherkennung würde man vermehrt Frauen mit der Diagnose und Behandlung von Brustkrebs belasten, die wegen anderer Erkrankungen gar nicht an Brustkrebs gestorben wären. Daher hat man sich in Deutschland bislang gegen ein systematisches Screening nach dem 75. Lebensjahr entschieden. Sollten Sie aber Beschwerden oder ein erhöhtes Brustkrebs-Risiko durch frühere Erkrankungen haben, setzen Sie sich bitte mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt in Verbindung, um die Auffälligkeiten abklären zu lassen.“
Im Ärzteblatt von 2014 habe ich zur Mammographie einen wichtigen und sehr informativen Artikel gelesen:
„Köln – Es ist eine Investition in die Zukunft, beschlossen vom Deutschen Bundestag im Jahr 2002, und sie gerät immer mehr in die Kritik: das Mammographie-Screening, ein Angebot für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, alle zwei Jahre die Brust röntgen zu lassen, um Mammakarzinome möglichst in frühen Stadien zu erkennen und die Heilungschancen zu verbessern. Circa 10,5 Millionen Frauen in Deutschland haben Anspruch auf eine zweijährliche Mammographie, die Teilnehmerrate liegt dem ersten umfassenden Evaluationsbericht für 2010 nach bei 53,7 Prozent (DÄ 2014; 10: A 399-400). Kosten für die Krankenversichertengemeinschaft: jährlich circa 220 Millionen Euro.“
Es stellt sich mir die Frage: In wessen Zukunft wird investiert? Also in meine Zukunft wird nicht investiert. Der Bundestag müsste sich für uns und unsere Zukunft um andere Dinge kümmern und investieren:
- Wasser, das Lebenselixier kostenfrei für alle
- gesündere, regionale biologische Ernährung
- mehr Bäume und Wildpflanzen
- mehr Parks für Tiere und Menschen zur Erholung
- Stressentlastung durch
- weniger Autos
- weniger Lärm
- mehr, bessere und kostengünstigere Bahn- und regionale Verbindungen
- usw.
Weiter las ich auf den Seiten im Ärzteblatt:
„Ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis gefunden
In den letzten Monaten sind in der internationalen Literatur mehrere Studien und Kommentare erschienen, die für das Mammographie-Screening ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis aufzeigen: zu viele Überdiagnosen, also im Screening gefundene Tumoren, die zu Lebzeiten nicht auffällig geworden wären, Therapien ohne Vorteil für die Behandelten („Übertherapien“) und eine im Verhältnis dazu geringe Senkung der Brustkrebssterblichkeit. Einer auch im aktuellen Heft des Nachrichtenmagazins Der Spiegel (2014; 30: 100-4) zitierten, randomisierten kanadischen Studie zu Folge stehen der Senkung der Brustkrebssterblichkeit um relativ 21 Prozent im Verlauf von 25 Jahren circa 22 Prozent (relativ) an Überdiagnosen gegenüber (BMJ 2014; 348: g366).“
Interessant ist auch der genannte Artikel im Spiegel. Darin ist zu lesen, wer daran beteiligt war:
„2002 gewährte der Bundestag allen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren einen Anspruch auf eine regelmäßige Röntgenuntersuchung der Brust. Gemeinsam mit der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt war der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach an der Einführung des Mammografieprogramms beteiligt. Lauterbach räumt gegenüber dem SPIEGEL inzwischen ein: „Alle neuen Erkenntnisse sprechen in der Tendenz eher gegen das Screening.“ Es sei an der Zeit, den Brustkrebscheck neu zu bewerten. Auch Jens Spahn, der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, sagt: „Dass man nach zwölf Jahren sagt, wir schauen uns das Mammografie-Screening noch mal genau an und bewerten es neu, ist sicher vernünftig.“
Eine jüngst im JAMA Internal Medicine (2014; 174: 448-53) publizierte Abschätzung des Nutzens durch Senkung der Brustkrebsmortalität und der Risiken (Überdiagnosen/-therapien) in absoluten Zahlen kommt zu dem Ergebnis, dass im Zeitraum von zehn Jahren maximal drei von 1.000 Frauen in den USA den Brustkrebstod durch Screening vermeiden und drei bis 14 von ihnen unnötig überdiagnostiziert oder übertherapiert werden. Ein unabhängiges Schweizer Health Technology Assessment Gremium konstatierte kürzlich: „Die vorliegenden Daten stützen nicht die Aussage, dass der Nutzen des Mammographie-Screenings den Schaden überwiegt“ (NEJM 2014; 370: 1965-7).“
„Weiterhin ist bei Frauen das drüsendichte Gewebe ein wesentlicher Faktor. Dazu lesen Sie hier im Ärzteblatt, Ausgabe 27-28/2018.
Bis zu 45 % mehr invasiven Brustkrebs entdecken – das ist möglich, wenn der Ultraschall standardmäßig ergänzend zur Mammografie der dichten Brust eingesetzt wird (1, 2). Mit diesem Versprechen hatte die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM) zu einer Pressekonferenz geladen und die Forderung bekräftigt, die Sonografie solle in bestimmten Fällen Standard bei der Früherkennung werden (3). Bislang ist sie eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL, 26–60 Euro).
Prof. Dr. med. Joachim Hacke-löer, ebenfalls DEGUM-Stufe III aus Hamburg, hält zudem fest, dass die Mammografie aggressive Karzinome nicht nur eher in einer dichten Brust übersieht. Auch bei weniger dichten Mammae werden diese basalzelligen Karzinome mammografisch schlechter detektiert.“
Ärzteblatt 2018, vom 4. Juni 2018
New York – Die meisten Frauen mit Östrogenrezeptor-positivem und HER2-negativem Mammafrühkarzinom benötigen keine Chemotherapie. Die Entscheidung kann mit einem Test getroffen werden, der die Expression von 21 Genen im Primärtumor bestimmt und anzeigt, ob eine Chemotherapie vorteilhaft ist. Die Ergebnisse wurden auf der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology in Chicago vorgestellt und im New England Journal of Medicine (2018; doi: 10.1056/NEJMoa1804710) publiziert.
„Die explizite Evaluation der Brustkrebsmortalität im deutschen Mammografie-Screening-Programm wird unter Federführung des Universitätsklinikums Münster im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz durchgeführt. Ende 2021 soll die 2. Phase der Hauptstudie mit einer voraussichtlichen Dauer von 3 Jahren starten. In dieser letzten Phase sollen die in den vorausgegangenen Studienphasen zusammengeführten Datensätze mittels verschiedener Analyseverfahren ausgewertet werden.“
Warum wird uns nicht mitgeteilt, dass dies eine Studie ist, sondern es wird als Vorsorge getarnt?
Den Mammographie-Jahresbericht/Evaluation 2022 lesen Sie hier. Weitere Informationen erhalten Sie auf diesen Seiten.
Danke fürs Lesen meiner Gedanken und bitte denken Sie daran, Ihre Gesundheit haben Sie selbst in der Hand: Ernährung, Bewegung, Schlaf, Entgiftung – auch von Technik und Stress – können wir bestimmen und beeinflussen. Der Glaube versetzt Berge und ungeahnte Kräfte frei.